Gutachten zu Theater Erfurt soll veröffentlicht werden
Das Gutachten zu Vorwürfen mutmaßlicher sexueller Übergriffe und Machtmissbrauch am Theater Erfurt soll nach Willen des Stadtrats veröffentlicht werden. Dabei solle allerdings der Opferschutz berücksichtigt werden, so der Ratsbeschluss von Mittwochabend. «Daran arbeiten wir aktuell», sagte Christoph Bimböse, Referent des Oberbürgermeisters Andreas Bausewein (SPD), am Donnerstag. Unklar sei aber, wann das Dokument in geeigneter Form öffentlich gemacht werden könne. Der Stadtrat habe keine Frist dazu gesetzt.
Bis Ende April allerdings soll nach Ratsbeschluss ein weiteres Gutachten vorliegen. Dafür soll die Stadtverwaltung eine Kanzlei beauftragen, die das Handeln der Verwaltung in der Sache untersucht. Auch der Umgang der Stadtverwaltung mit der früheren Gleichstellungsbeauftragten Mary-Ellen Witzmann soll darin begutachtet werden.
Witzmann hatte die Vorwürfe sexuell motivierter Pflichtverletzungen gegenüber Frauen und Machtmissbrauch am Theater Erfurt im vergangenen Herbst öffentlich gemacht. Die Stadt hatte daraufhin eine Anwaltskanzlei mit dem Gutachten zur Aufklärung der Vorwürfe beauftragt und Witzmann fristlos gekündigt. Bausewein hatte ihr unter anderem eigenmächtiges Handeln vorgeworfen. Gegen ihre Entlassung wehrt sich Witzmann derzeit gerichtlich.
Die Stadtverwaltung machte bislang unter Verweis auf Datenschutz nur grobe Angaben zu den Ergebnissen des Untersuchungsberichts. Demnach sind die Vorwürfe am Theater Erfurt zwar nicht als Straftaten verfolgbar. Allerdings hatte die Kanzlei «Rechts- und Regelverstöße, denen mit Maßnahmen zu begegnen ist» festgestellt. Stadträte verschiedener Fraktionen kritisierten, dass sie das rund 120 Seiten umfassende Gutachten bislang nur vor Ort einsehen durften und über den konkreten Inhalt Stillschweigen bewahren mussten, da sie zur Ansicht eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen mussten.
Der Stadtrat beschloss am Mittwochabend zudem, dass ein externer Prüfer die wirtschaftliche Führung des Theaters unter die Lupe nehmen solle. Durch das Gutachten zu den Vorwürfen am Theater stehen auch mutmaßliche Vermögensdelikte im Raum.
Schon am Mittwoch vergangener Woche war der bisherige Generalintendant des Theaters Guy Montavon in einer nicht öffentlichen Sondersitzung des Stadtrats infolge der Querelen als Werkleiter abberufen worden. Seine Freistellung werde in beidseitigem Einvernehmen zunächst unbefristet fortgesetzt, sagte Bimböse. Ziel sei einen neuen Aufhebungsvertrag mit ihm zu verhandeln. Einem bereits zwischen Stadtverwaltung und Montavon ausgearbeiteten Aufhebungsvertrag hatte der Stadtrat in der Sondersitzung vor einer Woche nicht zugestimmt. Der Vertrag enthielt nach Angaben von Kulturdezernent Tobias Knoblich auch eine Entlastungsklausel, mit der ein Schlussstrich für Montavon gezogen worden wäre.
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